Holzschnitt 1510
    
Nikolaus von Flüe
Bruder Klaus  
  
 
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   Quellen - Bruder Klausund Dorothea
  
  
Der Pilgertraktat – «Brůder Claus»
  
Quelle Nr. 048

  

  
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Zeit: um 1488
  
Herkunft: A : Verfasser unbekannt, Augsburger Inkunabel (gedruckt von Peter Berger) «Brůder Claus», Staatsbibliothek München (mit handkolorierten Holzschnitten), um 1488 (ohne Jahresangabe) –
Weitere Druckausgaben: B : Nürnberg 1488 (gedruckt von Markus Ayrer). Hier weisen die Holzschnitte auf den Meister Michael Wolgemut hin (Nürnberg, 1434–1519), besonderes Kennzeichen: Kreuznimbus mit auslaufenden Lilien. –
C : Nürnberg um 1489 (wahrscheinlich gedruckt von Peter Wagner, mit derjenigen Ayrers bis auf weniges identisch, Bayerische Staatsbibliothek, bsbbsb00006092). – Spätere Nachdrucke 1569 und 1573 in Dillingen, herausgegeben durch Adam Walasser (Quelle 259).
  
Kommentar: Beim vorliegenden Text handelt es sich um die zwei ältesten Buchdrucke, in denen Bruder Klaus namentlich genannt wird. Die Ausführung der einen Ausgabe besorgte Peter Berger in Augsburg, dies jedoch ohne Angaben von Verfassernamen und Erscheinungsdatum. Doch nennt uns hierfür die Geschichtsforschung über die deutschen Frühdrucke eine sichere Zeitspanne: von 1486 bis 1489. Am wahrscheinlichsten ist das Jahr 1488. Die zweite Ausgabe, die erste aus Nürnberg, ist datiert mit dem Jahr 1488. Es ist keineswegs eindeutig, welche der beiden, die Augsburger oder die 1. Nürnberger, die ältere ist; es gibt diesbezüglich keinerlei Anhaltspunkte, geschweige denn Beweise.
  
Der Schreiber gibt seinen Namen nicht preis, er bezeichnet sich lediglich als «ehrsamer Pilger». – Ein Pilger wohin oder woher? – Sein Werk nennt er einen Traktat, weshalb in der späteren Einordnung der Quellen über Bruder Klaus dieser Text den Namen «Pilgertraktat» erhielt (der eigentliche Titel lautet: «Brůder claus»). Im ersten Teil will der Autor ein Gespräch wiedergeben, das er mit dem Einsiedler vom Ranft führte. Im zweiten Teil gestaltet er eine «geistliche Auslegung», welche die Gedanken des Gesprächs meditativ ausfaltet. Der zweite Teil behandelt in für damalige Zeiten geradezu revolutionärer Weise die soziale Gerechtigkeit, praktiziert in den Werken der Barmherzigkeit – sechs an der Zahl. Ein wichtiger Gedanke geht von einer Art Vertrag aus – eine Art «Gesellschaftsvertrag» (Contrat Sozial – so lautet später auch eines der Hauptwerke von Jean-Jacques Rousseau): Die Reichen müssen den Armen (= den Pilgern?) das Notwendigste geben, diese wiederum sind verpflichtet, für ihre Wohltäter zu beten; so werden diese «Armen» ihrerseits zu Wohltätern für die «Reichen» – heute würde man sagen: Win-win-Situation. Dies kann auf andere Bereiche ausgedehnt werden: Die Mächtigen müssen den Bedürftigen, Ohnmächtigen helfen, dafür aber müssen diese für jene beten, wodurch sich ihre Ohnmacht und Hilflosigkeit verwandeln, und ihr Leben auf Erden einen Sinn bekommt – auch die Armen sind zu etwas nütze. Doch wahrscheinlich handelt es sich hier um eine für damalige Zeiten aktuelle und gezielte Werbung, nämlich die Pilger, als die Armen, Fremden und Schutzlosen auf ihrer Reise mit allen Mitteln zu unterstützen. Welche Pilger im speziellen? Die Jakobspilger? – Unter der Schirmherrschaft des barmherzigen Gottes wäre eigentlich für alle gesorgt, alle wären sinnvoll beschäftigt. Es kommt also nur noch darauf an, dass alle sich dieser milden Herrschaft unterstellen.
  
Im Zentrum des Traktats steht das legendenumwobene Meditationsbild von Bruder Klaus, von dem lange keine Gewissheit bestand, wie es genau ausah; ob es irgendeine Skizze gewesen war oder eben doch bereits das auf Stoff gemalte und damit leicht tragbare farbige Meditations- oder Andachtstuch, wahrscheinlich einmal zum Zweck (sicher vor 1476) angefertigt, als Andachtsbild eines Feldaltares (bzw. Tragaltares) zu dienen. Der ursprüngliche mobile Tragaltar steht sodann in der Tradition des Heilspiegels (Speculum Humanæ Salvationis, Spiegel des menschlichen Heil). Der Autor des Traktats versucht in Form einer literarischen Fiktion hinter das Geheimnis der Ideen zu kommen, die der Entstehung des Bildes zugrundeliegen: sechs Glaubensmomente, sechs Werke der Barmherzigkeit, vier Evangelistensymbole, der Spiegel (das Abbild) Gottes in der Mitte, alle Bildteile goldfarben eingefasst. Dabei schöpft der Pilger aus seiner Erinnerung, so gut er eben kann, denn er hat beim Schreiben das Bild nicht mehr direkt vor sich und zeichnet als Ableitung ein geometrisches Konstrukt mit Hilfe eines Zirkels. Völlig sicher ist jedenfalls, dass das Bild, das «Tüechli», in keiner Weise mit einer Vision von Bruder Klaus («Schreckensvision», siehe im Briefwechsel zwischen Bovillus und Horius, Quelle 201) etwas zu tun hat.
  
Im Gutachten zu meiner Dissertation, «Der göttliche Spiegel» (1981), schrieb mein Doktorvater, Josef Siegwart, ordentlicher Professor für Kirchengeschichte an der Universität Freiburg Schweiz diesen Satz: «Aber eigentlich insinuiert der PT [Pilgertraktat] eine veraltete Trinitätslehre, nämlich das Ausgehen der drei Personen aus der ungeteilten Gottheit, was man seit dem Konzil von Florenz nicht mehr hätte lehren dürfen». In der Bulle «Cantate Domino» hält das Konzil in Florenz 1442 (bzw. 1441 nach florentinischer Zeitrechnung) fest, dass die drei Personen nicht aus einem gemeinsamen Ursprung hervorgehen. Vielmehr ist in einer Hierarchie der Vater der Ursprung, der Sohn geht aus dem Vater hervor und ist Ursprung vom Ursprung, beide Personen sind sodann nicht zwei Ursprünge sondern zusammen der Ursprung für den Heiligen Geist (Denzinger 1331). Gegenteiliges anzunehmen oder sogar zu lehren wird entschieden verworfen und mit dem Anathem (Kirchenbann, Denziger 1332) belegt. Eigentlich war das damals nicht neu, denn bereits 325 hat das Konzil von Nicäa das Credo im gleichen Sinne festgelegt (Denzinger 125–126), durch die Jahrhunderte bis heute verbindlich. Und weiter in der Erklärung von Florenz: Wenn Gott in der Welt eingreift, dann tun dies alle drei Personen zusammen und nicht eine allein. Denn der Vater ist ganz im Sohn, ganz im Heiligen Geist usw. Es gibt nicht drei Ursprünge in der Schöpfung sondern immer nur einen Ursprung von Gottes Wirken. – Beide geistlichen Berater des Einsiedlers Niklaus von Flüe, Oswald Issner (Pfarrer von Kerns) und Heimo Amgrund (Pfarrer von Kriens und später von Stans) mussten über diese Sachlage Bescheid gewusst haben. Sie hätten gewiss interveniert, wenn Bruder Klaus eine «verwerfliche» Lehre gedacht und geäussert hätte. Dies legt nahe, dass die entsprechenden Worte vom Ausgehen der drei göttlichen Personen aus der ungeteilten Gottheit nicht von Bruder Klaus stammen sondern ihm vom Autor des Traktats in den Mund gelegt wurden (Erklärung der Figur, welche das Aussehen hatte wie ein Rad). Auf diesen Worten basiert aber die Radskizze. Der Pilgertrakt ist, wie schon Robert Durrer vermutete, eine literarische Fiktion. Und die seit 40 Jahren oft fälschlicherweise und mit manchem Unfug verbunden dem Einsiedler zugeschriebene Skizze hatte dieser überhaupt nicht sondern eben nur das farbige Tuch. Die Skizze ist die Erfindung von Heinrich Gundelfingen zum Zwecke des Versuchs ein Konzept zu ergründen, die Worte sind seine eigene Meinung. Gundelfingen steht stark unter dem Einfluss der neuplatonischen Ideen des Nikolaus von Kues.
  
In die gleiche Richtung weist auch die Beurteilung von Arthur Mojonnier: «Der spekulative Pilger legte nun dem Einsiedler eine genaue Zeichenerklärung, eine Art Darlegung aus dem Trinitätsrad heraus in den Mund. Der Traktat beruhte wahrscheinlich auf dem erwiesenermassen älteren Gemälde.» (Niklaus von Flüe, Zürich 1942, 136)
  
Wichtig: Wenn nun davon auszugehen ist, dass der so genannte «Pilgertraktat» eine literarische Fiktion ist, dann ist dessen Inhalt wohl von etlicher spiritueller Bedeutung zur Erbauung; die historische Zuverlässigkeit bezüglich Denken und Verhalten des Einsiedlers ist jedoch überhaupt nicht gegeben, am wenigsten hinsichtlich des «Rades». Man muss auf die Feinheiten der Sprache achten und sollte jeweils nicht voreilige Schlüsse ziehen.
  
Ferner ist keineswegs sicher, ob die undatierte Augsburger Ausgabe – um 1488 – bereits 1487 gedruckt vorlag, 1488 ist sogar eher wahrscheinlich; es ist keineswegs bewiesen, dass sie älter ist als die erste Nürnberger Ausgabe. Nie darf man den Fehler machen, etwas als sicher anzunehmen, nur weil man es gerne so hätte.
  
Robert Durrer (Quellenwerk, 357) hegte die Vermutung, dass die undatierte Augsburger Ausgabe (A) nicht nur älter ist sondern auch die Vorlage war für die Nürnberger Ausgabe (B), datiert mit 1488:
1) Die Holzschnitte in A wirken «altertümlicher» als in B – wird aber von Durrer wieder zurückgenommen.
2) Der Text in B enthalte gegenüber «sinnstörende Auslassungen» (gemäss seinem textkritischen Apparat, Fussnoten)
3) «… dass auch in dem Nürnberger Nachschnitte des Visionsbildes wesentliche Embleme ausgefallen sind.»
Vermutungen sind keine Beweise, nicht einmal Hinweise (Indizien). Ebenso gut kann angenommen werden, dass B nicht von A unmittelbar abhängig ist. Gab es für beide Ausgaben eine gemeinsame handschriftliche Vorlage? Auch das ist nicht sicher, es könnte jeder Drucker einen eigenen handgeschriebenen Entwurf benutzt haben, möglicherweise sogar nach gemeinsamem Diktat durch einen Dritten (Heinrich Gundelfingen, Professor in Freiburg im Breisgau) aufgezeichnet. Eine blosse Vermutung einer Abhängigkeit des einen vom anderen, ergibt keine zuverlässige Datierung von A. A und B entstanden fast gleichzeitig und sind nicht direkt abhängig von einander. Die Ausgabe Nürnberg C ist hingegen von B abhängig und entstand 1488 oder etwas später. – Das besagte Diktat wäre dann in Latein erfolgt. Die Drucker, mit ihrer akademischen Bildung (wenigstens mit Bachelor), könnten den lateinischen Text je in ihren naheliegenden deutschen Dialekt übersetzt haben, was die Abweichungen einzelner Wörter erklären würde.
  
Höchstwahrscheinlich handelt es sich bei dem anonymen Pilger um Heinrich von Gundelfingen, Professor in Freiburg im Breisgau, der praktisch zur gleichen Zeit auch an einer Biographie über den Eremiten Niklaus (Historia Nicolai ...) sowie an einem Offizium (für eine Eigenmesse und das Stundengebet) arbeitete. Im biographischen Teil des Prachtbandes, den er mit spezieller Widmung der Stadt Luzern schenkte, wird auch das «Rad» von Bruder Klaus beschrieben, und zwar in einer auffällig gleichen Art und Weise wie im Traktat. Auch mehrere andere Hinweise lassen den Schluss zu, dass Heinrich von Gundelfingen (Verfasser der Historia Nicolai – Quelle 052) diesen Traktat verfasste, wahrscheinlich auf lateinisch. Der Drucker, Peter Berger, als Lektor und Endredaktor – desgleichen Markus Ayrer in Nürnberg –, hatte dann eine selber dürftig verdeutschte Fassung herausgegeben. Wie stark hatte der Drucker nicht nur Textstellen frei übersetzt sondern auch noch Eigenes hinzugefügt, so dass der Anteil des ursprünglichen Autors stellenweise nicht mehr so klar ersichtlich ist? Der ganze Text enthält also mehrere Schichten. – Als Grund für die Anonymität dürfte wohl eine Art Bescheidenheit anzunehmen sein; in Kreisen der «Gottesfreunde» war es zudem üblich, solche erbauliche Schriften anonym zu verbreiten. Der Inhalt des Traktats zeigt eine deutliche Verwandtschaft zu diesen Kreisen. Der Titel «Gottesfreund» wird oft Bruder Klaus zugeordnet, im Verlauf des Gesprächs mit dem Pilger gibt aber Bruder Klaus diesem Fremden einen «würdigen Namen» – wahrscheinliche eben «Gottesfreund», obwohl der Pilger diese Ehre von sich weist. Denn der Titel lässt sich keineswegs spezifisch einer bestimmten Gruppe zuordnen, sondern deutet allgemein auf einen frommen, gottesfürchtigen Menschen hin, und mehr noch, der Titel «Freunde Gottes» ist zeitweise synonym für die Heiligen an sich. Dass der Pilger zudem kein ungebildeter Laie war, zeigt sich besonders deutlich in einem komplizierten logischen Schema, mit dem er in der zweiten Frage die erbsündenfreie Empfängnis Mariens erklären will. – Textgegen­über­stellung (Synopse) und die 14 Indizien die auf Heinrich Gundelfingen als Autor hinweisen sind hier zu finden: Das Sachsler Meditationsbild, Teil 3. – Ein grosser Einfluss auf den «Pilger» wird auch von den Schriften des Nikolaus von Kues sichtbar, besonders ist es dessen mathematische Theologie von der «complicatio–explicatio» (= Zusammenfassung– Entfaltung, • Mathematische Theologie» bei Nikolaus von Kues).
  
Der zweite Teil des Traktats enthält sechs Holzschnitte zum Thema «Werke der Barmherzigkeit». In jedem Bild ist die ausführende Person jeweils eine Frau mit einfachem Kopftuch – hier wird eindeutig der Typus der Begine dargestellt –, und je hinter dem Rücken steht als Lehrmeister Jesus. Die Begine ist eine «barmherzige Schwester» in der Nachfolge Christi, entsprechend den Auffassungen der Devotio Moderna. – Die Holzschnitte beinhalten aber auch noch einen wichtigen zeitgeschichtlichen Aspekt: In zwei Bildern (Fremde beherbergen sowie Hungrige speisen) ist der «Notleidende» ein Pilger auf dem Hin- oder Rückweg nach, bzw. von Santiago de Compostela (Galicien), also ein Jakobspilger, ersichtlich durch das Muschelemblem am Hut. Der Traktat legt demnach in Wort und Bild den begüterten, sesshaften Menschen in aller Welt nahe, die Jakobspilger zu unterstützen: als Fremde, Hungrige und Durstige, auch wenn sie unterwegs krank werden oder durch ungerechte Beschuldigungen in Haft kommen usw. – Der Holzschnitt am Anfang des Traktats ist vermutlich die älteste bildliche Darstellung von Bruder Klaus (um 1487). Und genau von diesem Holzschnitt entstand 1548 eine seitenverkehrte Nachbildung, in der Chronik von Johann Stumpff (1. Ausgabe Zürich 1548 – Quelle 240); hier gesellt sich jedoch zu Bruder Klaus noch ein Jakobspilger (am Hut eine Muschel und zwei gekreuzte Krücken) hinzu, der mit dem Einsiedler spricht.
  
Existierte für die Drucke eine gemeinsame Handschrift, vielleicht in Latein? Oder sogar zwei Handschriften nach Diktat eines Dritten, separat für jede Ausgabe, die dann von den Druckern in der Funktion von Endredaktoren und Herausgebern je in ihr eigenes Deutsch (bayerisch – fränkisch) übersetzt wurden?
  
Radskizzen Augsburg und Nürnberg
         Augsburger Ausgabe A Nürnberger Ausgabe B
  
Die Radskizzen in den Ausgaben von Augsburg (um 1488, links) und Nürnberg (datiert 1488, rechts) unterscheiden sich recht deutlich. Beide sind in Holz geschnitten. Wo ist aber bei der zweiten Variante der Mittelpunkt geblieben? Offensichtlich hatten beide Drucker, bzw. Holzschneider, als Vorlage eine mit Zirkel und Bleistift angefertigte Zeichnung, in der der Mittelpunkt lediglich als Nadelstich vorhanden war und deswegen nicht wesentlich zur Zeichnung gehört. So sieht es jedenfalls der Urheber der Nürnbergerausgabe. Eine solche geometrisch exakte Zeichnung des «Rades», die nicht jedermann ausführen konnte, finden wir jedenfalls in Heinrich Gundelfingens Handschrift Historia Nicolai (Quelle 052). Diese oder eine andere aus der Hand Gundelfingens war für beide Drucke die notwendige Vorlage (mehr darüben in: Das Sachsler Meditationsbild, Teil 3) – Vgl. alle 3 Skizzen. – Dennoch, das Meditationstuch ist nochmals älter und unabhängig von Bruder Klaus entanden. Die drei Skizzen sind lediglich Versuche, dem Tuch nachträglich ein Konzept zu unterlegen. – Was hatte der «Pilger» wirklich gesehen? Das farbige Meditationstuch.
  
Es könnte auch sein, dass der anonyme Pilger das Wort «tůch» (Tuch – das Bild war damals nicht als Tafel gefasst) falsch verstanden hatte. Tatsächlich wurde es auch später noch lange «tuoch» genannt – vgl. Quelle 247) falsch verstanden oder sich falsch erinnert hatte, nämlich als «buoch» (originalsprachlicher Text), was auch besser zum vorgefassten Kontext seiner Erinnerung passte.
  
Referenz: Robert Durrer, Bruder Klaus–Quellenwerk, 361–381; sowie: Heinrich Stirnimann, Klausens Betrachtungsbild, in: Der Gottesgelehrte Niklaus von Flüe (Dokimion 7), 300–330
  
Studien über den Pilgertraktat: a) Heinrich Stirnimann, Klausens Betrachtungsbild, in: Der Gottesgelehrte Niklaus von Flüe, Freiburg Schweiz 1981 (Dokimion 7), 141ff. – b) Werner T. Huber, Der göttliche Spiegel. Zur Geschichte und Theologie des ältesten Druckwerks über Bruder Klaus und sein Meditationsbild, Bern 1981 (Europ. Hochschulschriften 23/164)
  
 Radskizze in der 2. Nürnberger Ausgabe (C), von Peter Wagner, um 1489

     (Bayerische Staatsbibliothek, bsb00006092)
  

       

Brůder Claus.
  
kolorierter Holzschnitt im Pilgertraktat, Augsburg um 1488
• grösseres Bild
    
[Vorwort, Inhaltsangabe:]
Hier folgt nun ein lobenswerter Traktat, der in zwei Teilen ausgeführt wird. Im ersten Teil wird ein wertvolles und lehrreiches Zwiegespräch wiedergegeben, in Frage und Antwort zwischen Bruder Klaus in der Schweiz und einem ehrsamen Pilger.
  
Die erste Frage und Antwort handelt von der Gottesliebe,
  
die zweite Frage von der Empfängnis der himmlischen Kaiserin Maria,
  
die dritte Frage vom täglichen Brot, worum wir Gott täglich bitten sollen.
  
die vierte Frage von einer Figur, die der genannte Bruder Klaus den Pilger sehen liess und die er ihm dann erklärte,
die fünfte Frage von der Plage der Pest.
  
Im zweiten Teil dieses Traktats ist eine weiterführende geistliche Auslegung enthalten über jene Figur. Der Pilger hat darüber meditiert und sie auf diese Weise gewonnen. Zugleich wird diese Figur in ihrer Bedeutung für das christliche Leben neu betrachtet. Diese wiederum passt zusammen mit den sechs Schlüsseln, den sechs Werken der Barmherzigkeit, womit sich der Mensch Einlass in die ewige Heimat verschaffen kann.
  
[1. Teil: Das Gespräch mit Bruder Klaus]
  
Die erste Frage [Die Gottesliebe]
Als ich mich einmal im Ausland aufhielt und Orte der Gnade und des Ablasses aufsuchte, begegnete ich einem Mann namens Bruder Klaus. Während ich ihn anschaute, wurde mein Herz erfreut, denn ich sah an ihm die Wunder Gottes; er lebte nämlich ohne natürliche Speisen. Ich grüsste ihn, und er empfing mich freundlich. Dann sprach ich: «Lieber Vater, ich möchte gerne mit Euch reden über die Gottesliebe. Christus hat gesprochen: ‹Wo zwei von euch in meinem Namen versammelt sind, da will ich mitten unter ihnen sein.› (Mt 18,20) So möchte ich gerne, dass der Herr auch in unserer Mitte sei.» Er entgegnete: «Nun sag, was weisst du über die Gottesliebe!» Ich antwortete: «Mein Vater, das ist meine Freude und Liebe zu Gott, dass er mich als Menschen erschuf und mir die Gnade gab, ihn zu erkennen, und mir so seine Gebote offenbar wurden. Und selbst wenn er mich auch wegen meiner Sünden verdammen würde, ich wollte dennoch nicht, dass er mich nicht erschaffen hätte. Kann an mir dereinst nicht seine milde Güte erfüllt werden, so wird dafür, wenn er mich gerecht bestraft, seine wahrhafte Gerechtigkeit an mir erkannt. Diese Ehre soll meinem Gott nicht entzogen werden, so lieb habe ich ihn.» Bruder Klaus sah mich an und gab mir einen würdigen Namen, dessen ich aber gewiss nicht wert war, denn die Übel meiner Sünden waren mir durchaus bewusst.
  
Die zweite Frage [Maria]
Ich begann wiederum und sprach zu Bruder Klaus: «Mein Vater, ich habe vernommen, wie gar lieb Ihr die hochgelobte Königin und Jungfrau Maria habt und wie Ihr oft einen Streit führtet gegen jene, die davon sprechen, sie sei in der Erbsünde empfangen und erst nachher im Mutterleib geheiligt worden. Ich bin ganz entschieden gegen diese Meinung, denn Maria war im Spiegel der göttlichen Allmacht vorgesehen worden, ehe Himmel und Erde waren. Das heilige Evangelium bezeugt uns, dass sie der Engel grüsste und zu ihr sprach: ‹Du bist gesegnet über alle Frauen.› (Lk 1,28 Vulgata) Unsere Mutter Eva ist von Gott ohne Erbsünde erschaffen worden, und wenn nun die Jungfrau Maria in der Erbsünde empfangen worden wäre, dann wäre sie nicht über alle Frauen gesegnet und so auch nicht über Eva, was ich eben vorangestellt habe. Ebenfalls sprach der Herr zur Schlange: ‹Deswegen, weil du dieses Weib betrogen hast, wird auch ein Weib dein Haupt zertreten.› (Gen 3,15) Wäre nun aber Maria von dieser Schlange vergiftet und tödlich verwundet worden, wie hätte sie dann der Schlange das Haupt zertreten können? Denn ein tödlich Getroffener vermag ja keine derartigen Kräfte aufzubringen. Auch wäre es ein grosser Spott, wenn der, welcher alle Dinge vermag, nicht die Macht hätte, sich ein reines Gefäss zu erwählen, wohinein er seine Gottheit verriegeln wollte, die selber purlauter und rein war. Zudem haben wir ein Zeugnis, dass der Herr bei sich selbst geschworen hat und unserm Vater Abraham wegen seines Gehorsams, bereitwillig seinen Sohn Isaak zu opfern, versprach, dass durch seinen Samen alle Geschlechter der Erde gesegnet werden sollen. (Gen 22,18) Dessen bin ich voll unterrichtet, dass Maria, die auserwählte Jungfrau, aus dem Samen Abrahams geboren ist. Aber Jesus Christus ist empfangen worden durch den Heiligen Geist und nicht aus einem menschlichen Samen (Mt 1,20; Lk 1,35), sondern aus ihrem allerreinsten Blutströpflein hat er seine Gottheit bekleidet und nicht aus irgendwelchem Samen. Denn Gott ist aus Gott geboren (Apostolisches Glaubensbekenntnis), und das ewige Wort ist Fleisch geworden (Joh 1,14) ohne menschlichen Samen. Darum ist es Maria, die uns und allen Geschlechtern Segen brachte, und sie ist rein und zart vor und nach der Geburt.» Diese Worte bereiteten Bruder Klaus grosse Freude.
  
Die dritte Frage [Das tägliche Brot]
Ich tat wiederum den Mund auf und fragte, ob ihm meine Worte nicht unangenehm wären, wenn ich noch etwas mit ihm besprechen wollte. Doch er antwortete: «Rede!» Und ich setzte meine Worte fort und sprach: «Wenn wir Gott um das tägliche Brot bitten (Mt 6,11), was ist dann dieses Brot?» Darauf entgegnete er: «Rede du zuerst!» Und ich setzte fort: «Das ist das edle Brot, dessen wir täglich bedürfen, wodurch wir die Erquickung einer vollkommenen Liebe zu Gott empfangen, so dass uns täglich darnach hungern soll. Das leibliche Brot wird uns gegeben durch die Elemente, und ein jedes Kraut wird vermehrt durch seinen Samen (Gen 1,11–12). Das leibliche Brot wird allen menschlichen Kreaturen gegeben (Gen 1,29; 2,4b–5), den Juden, Heiden und allen andern Völkern, wie sie auch immer genannt werden, welche von diesem Gebet (Vater unser) nichts wissen. Denn im Anfang der Schöpfung ist ein jedes Geschöpf vorgesehen worden, so der Fisch mit der Nahrung des Wassers und die Tiere mit der Sättigung durch die Kräuter und auf gleiche Weise alle übrigen lebenden Kreaturen (Gen 1,30). Und der Herr sprach zu Mose: ‹Wenn das Volk meine Gebote hält, dann gebe ich ihm den Regen zu seiner Zeit' (Dtn 11,13–14), und: 'Alle ihre Zweige und Reben werde ich zu grosser Fruchtbarkeit segnen› (Dtn 7,12–13), und: ‹Dein Land überfliessend an Milch und Honig machen.› (Dtn 11,9) Darum hat uns der gütige Gott diese Dinge versprochen, wenn wir seine Gebote halten. Doch nun sollen wir Gott, den Herrn, um das lebendige Brot bitten (Joh 6,35–51), wodurch wir die grosse unaussprechliche Freude des ewigen Lebens empfangen können.» (Joh 6,51 u. 58) Nach diesen Worten schwieg ich. Er sah mich an und sprach: «Was begehrst du, soll ich dazu auch etwas sagen?» – «Mein Vater, das tut!» Und er sprach: «Du hast gut gesprochen über dieses Brot. Denn in einem jeden Brot ist die Gnade Gottes des Allmächtigen verborgen, und diese Gnade wird jedesmal beim Essen des Brotes empfangen, sonst könnte der Mensch kein natürliches Leben führen, ebensowenig wie er davon satt werden könnte, wenn er einen Stein essen würde. Doch dann geht Gott auf verborgene Weise mit seiner Allmacht hinein in die kleine Hostie, und diese wird verwandelt, so dass sie hernach kein natürliches Brot mehr ist, sondern allein Fleisch und Blut mit unaussprechlicher Gnade, wahrer Gott und wahrer Mensch, unsichtbar. Und in jeder Hostie, die vom Priester gesegnet wird, bleibt die Gottheit ungeteilt und zwar in jedem Partikel voll und ganz. Hier hast du also meine Erklärung.»
  
Die vierte Frage [Das Gleichnis vom Rad]
Und er begann wiederum und sprach zu mir: «Wenn es dich nicht verdriesst, so will ich dich auch mein Buch sehen lassen, worin ich lerne und die Kunst dieser Lehre zu verstehen suche.» Und er trug etwas herbei, worauf etwas dargestellt war, das der Struktur nach aussah wie ein Rad mit sechs Speichen, in der Art, wie es anschliessend abgebildet wird*: Radskizze im Pilgertraktat um 1487
Und er begann zu reden und sprach zu mir: «Siehst du diese Figur? So ist das göttliche Wesen. Die Mitte bedeutet die ungeteilte Gottheit, in der sich alle Heiligen erfreuen. Die drei Spitzen, die in der Mitte, beim inneren Ring, hineingehen, bedeuten die drei Personen. Sie gehen aus von der einen Gottheit und haben den Himmel und die ganze Welt umfangen. Und so, wie sie ausgehen in göttlicher Macht, so gehen sie auch hinein, sie sind einig und ungeteilt in ewiger Herrschaft. Das bedeutet diese Figur.» [Abbildung links, Augsburger Ausgabe, Nürnberger Ausgabe, gleichzeitig erschienen, beide siehe auch oben]
«Nun will ich dir auch etwas sagen von der reinen Magd Maria, die eine Königin ist des Himmels und der Erde; sie ist durch göttliche Weisheit im voraus ausersehen worden. Diese [Weisheit] hat sie umgeben, sobald Gott an sie gedacht hat, dass sie empfangen werden sollte. Darum ist sie im Plan Gottes früher empfangen worden als im mütterlichen Leib. Und diese Gnade ist mit grosser Heilskraft in die Empfängnis hineingegangen, darum ist sie rein, zart und unbefleckt. So ist die Kraft des Allerhöchsten ausgegangen und hat sie umfangen, und sie ist liebreich erfüllt worden vom Heiligen Geist. Sodann siehst du im Rad etwas, das in der Mitte beim innern Ring breit ist und nach aussen in eine kleine Spitze verläuft. Nach Bedeutung und Form der Speiche ist nun der grossmächtige Gott, der alle Himmel bedeckt und umfasst, in Gestalt eines kleinen Kindleins von der höchsten Jungfrau, ohne Verletzung ihrer Jungfrauschaft, ein– und ausgegangen.» «Den gleichen zarten Leib gab er uns zur Speise mitsamt seiner ungeteilten Gottheit. So siehst du diese Speiche, die ebenfalls beim innern Ring breit ist und nach aussen hin, gegen den äussern Ring klein wird, auf diese Weise ist die grosse Kraft Gottes, des Allmächtigen in dieser geringen Substanz der Hostie.» «Nun beachte ausserdem eine Speiche, die ebenfalls breit ist beim innern Ring und gegen den äussern hin klein, das bedeutet den Wert unseres Lebens, das ganz und gar klein und vergänglich ist. In der kleinen Zeit [unseres Lebens auf Erden] können wir durch die Gottesliebe eine unaussprechliche Freude gewinnen, die nie mehr ein Ende nimmt. Das ist die Bedeutung meines Rades.» Diese Worte erfreuten mein Herz. Das war also seine Rede, die er an mich richtete.
[* «Und er trůg mir her verczaichnet ein figur in der geleichnus als ein rad mit sechs spaichen in diser gestalt als hernach volget.» – « in diser gestalt» fehlt in den Nürnberger Ausgaben (B und C)]
  
Die fünfte Frage [Der Wille Gottes]
«Ich [Bruder Klaus] will noch eine Frage an dich richten, wenn es dir nicht unangenehm ist.» So begann er wiederum und fragte: «Ist es möglich, wenn eine Plage in diese Welt geschickt wird, die man Pestilenz nennt, dass dann ein Mensch diesem Zorn entrinnen kann?» Ich sprach: «Lieber Vater, ich sag so viel, wie ich weiss. Es steht geschrieben im Buch des Propheten Ezechiel, wie das Wort des Herrn ausgeführt wurde (Ez 9,11); da war einer mit Linnen bekleidet und trug ein Tintenfass an seinen Hüften (Ez 9,2f.). Zu diesem sprach der Herr: ‹Geh hinein in die Stadt Jerusalem und alle, die dort klagen und weinen nach Gerechtigkeit wegen der Verletzung des heiligen Bundes und der Gebote, diese bezeichne mit einem T auf ihrer Stirne, angefangen bei den Alten, bis zu den Jungen, seien es Frauen oder Männer!' (Ez 9,4) Dann sprach der Herr zu sechs Gestalten in roten Gewändern, die die Gefässe der Vernichtung und der Plage in den Händen trugen: 'Geht hinein in die Stadt und alle, die an ihrer Stirne nicht bezeichnet sind, schlaget tot, angefangen bei den Alten, bis zu den Jungen, seien es Männer oder Frauen!» (Ez 9,5f.) Darum, lieber Vater, schliesse ich an diese Prophezeiung meine eigenen Worte an und sage dazu: Jeder Mensch, in dem die Gottesliebe nicht ist, der kann dieser Plage nicht entrinnen, denn es ist wohl so, dass sie eine Vergiftung ist, die über das ganze Land herfällt; doch verleiht Gott denen seine Gnade, die er erhalten will, dadurch, dass sie durch Arznei oder durch Luftveränderung gerettet werden; das geschieht durch den Willen Gottes.» Bruder Klaus sah mich an mit offenem Mund: «Das ist ganz und gar auch meine Ansicht, dass niemand dem Zorn Gottes entrinnen kann. Doch wer in der Wahrheit bleibt und seine Zeit in der Gottesliebe verbringt, dem geschieht allezeit wohl.» Dann sagte ich zu Bruder Klaus: «Ich habe auch noch einen Gedanken von drei edlen Steinen. Wer diese drei Steine auf sich trägt, den kann niemand überwinden.» Er fragte mich, welche diese Steine wären. Ich antwortete ihm: «Der erste Stein bedeutet die Wahrheit [der Glaube], denn sie ist so edel, dass sie arm und reich gleichstellt. Sie lehrt uns auch, dass wir Gott danken sollen, weil er uns erschaffen und mit dem rosenfarbenen Blut gerettet hat; dies lehrt uns die Wahrheit.» Er unterbrach und fragte mich nach dem zweiten Stein. Ich redete weiter: «Der zweite Stein bedeutet die grosse Zuversicht [die Hoffnung] in Gott. Wer immer sein Vertrauen auf Gott setzt, der wird nie verlassen.» Dann fragte er mich noch nach dem dritten Stein, was er bedeute. Ich sprach: «Der dritte Stein ist Maria, die hochgelobte Königin. In diesem Stein hat Gott sich selber eingeschlossen und verriegelt. Und dieser Stein erfreut viele Sünder und Sünderinnen, dadurch, dass sie Maria ehren und selig werden.» Ungefähr mit diesen Worten nahm ich Abschied und bat ihn, dass er zu Gott für mich beten solle und für alle, die zu diesem Besuch geraten hatten. Er versprach, er wolle dies tun. Auch ich solle für ihn zu Gott beten. In dieser Weise umarmte er mich und sprach: «Gott gebe dir Heil und Glück.»
  
Holzschnitt im Pilgertraktat um 1487
Kommentare zu diesem Holzschnitt
und dem farbigen Meditationsbild,
siehe auf dieser Website im sechsteiligen
Beitrag: Das Sachsler Meditationsbild
      
[2. Teil: Auslegung und Meditation des Pilgers – Der Mensch, das göttliche Spiegelbild]
  
Nun erwog ich in meinem Herzen, wie ich mit meiner Vernunft die grundlegende Bedeutung des Rades finden könnte, das Bruder Klaus mir gezeigt hatte. Ich bat Gott, dass er mir die Gnade gebe, wodurch sein Name geheiligt werde. Siehe, während ich nachdachte, da fertigte ich eine Nachbildung von diesem Rad an und fügte jeder Speiche des Rades ein Gleichnis bei, damit ich alles gut verstehen konnte. Ich dachte dabei auch an die Worte, die Jesus Christus unser Heiland gesprochen hatte in seiner Lehre: Wenn die Zeit des Gerichts kommen wird, und der Herr dann thront in seiner Majestät, dann wird er zu allen Völkern und Generationen sprechen, und er wird dabei von ihnen die sechs Werke der Barmherzigkeit fordern, wobei ein jeder verstehen soll, dass wenn Gott diese Werke nicht an uns findet, wir dann nicht in sein Reich hineingehen können (Mt 25,31–46). Denn in diesen sechs Punkten ist die Liebe zu Gott und zum Nächsten miteinander verknüpft. Sollte ein Mensch nun danach fragen, wer sein Allernächster sei (vgl. Lk 10,29), so könnte ich dazu viel sagen, etwa, dass derjenige der Allernächste ist, dem Hilfe not tut, so wie der Herr spricht: Wenn du jemand in ein Haus einlädst, dann lade nicht Freunde und Nachbarn ein, von denen du eine Wiedervergeltung erfährst, sondern lade vielmehr die Fremden und Armen ein und tue ihnen wohl. Die Wiedervergeltung hierfür findest du dann im Schosse Gottes. (Lk 14,12–14) Darum habe ich etwas von diesen Dingen in Betracht gezogen. Gott verleihe mir Gnade, zu Lob und Ehre seiner Gottheit! So sollt ihr aufmerksam den inneren Ring des genannten Rades betrachten, wie es mich der liebe Vater, Bruder Klaus, gelehrt hat, in der Bedeutung des klaren Spiegels des wahren lebendigen Gottes. In diesem ist unaussprechliche Freude und Wonne immer und ewig. Diesen göttlichen Spiegel setze ich hierhin in der Gestalt eines menschlichen Bildes; obwohl ich es nicht recht gründlich verstehe, stelle ich es so dar, weil der Herr gesprochen hat: Wir wollen einen Menschen schaffen nach unserem Bild und nach unserer Gestalt (Gen 1,26); ich stelle es so dar, obwohl man es auch auf eine andere Weise versuchen könnte. Aber ich muss mir ja sagen, dass Gott vom Himmel herabgestiegen ist und menschliche Gestalt angenommen hat. Auch die menschliche Vernunft ermöglicht es, dass der Mensch nichts lieber anschaut als ein schönes, klares, fleckenloses Antlitz eines liebevollen Menschen. Ein Zeugnis davon gibt auch das Buch der Natur. Jede Kreatur erfreut sich an seiner eigenen Abbildung. Nun ist nichts geringer, als wenn der gerechte Mensch Gott anschauen kann, und ihm dann sein göttlicher Spiegel [Christus] in Gestalt eines menschlichen Angesichts erscheint. Dies gibt ihm eine grössere Freude, als wenn er Gott in einer anderen Gestalt sähe. Eine Freude also, die er deshalb empfangen kann, weil der Schöpfer von Himmel und Erde jetzt seine Gestalt hat. Das ist eine grosse Freude. Die zweite Freude ist, dass kein Engel und kein anderes Geschöpf Gott so ähnlich nachgebildet ist wie die menschliche Kreatur. Die dritte Freude hat der Mensch darin, dass er Gott dankt, weil er nicht eine unvernünftige Kreatur geworden ist. Diese drei Freuden empfängt er alle durch diese Gottebenbildlichkeit. Er wird hierin auch hinreichend unterrichtet, dass Gott nie ein anderes Geschöpf mehr liebte als den Menschen. Diese Freude empfängt er auf unaussprechliche Weise. Deswegen habe ich das Bild eines menschlichen Angesichts hingesetzt. Aus diesem göttlichen Antlitz [Spiegelbild] gehen drei Symbole aus, dies sind die drei ersten Speichen in diesem Rad. Eine Spitze einer solchen Speiche geht vom Ohr aus. Dies sollen wir so verstehen, dass Gott alles weiss, sowohl das Vergangene wie das Zukünftige, und er wusste, wie er alle Dinge erschaffen wollte, in welcher Weise, Form und Gestalt, jede Kreatur in ihrer Eigenart und jedes Geschöpf zur Vermehrung durch seinen Samen. (Gen 1,11–12) Darum ist er ein Schöpfer aller Dinge und ein Vater von allem, denn er hat alles gemacht. Wohl deshalb wird er Vater genannt, die erste Person. Denn er ist ewig, vorher und nachher, in seiner Erhabenheit, und in seinem Ratschluss sind die Dinge im voraus geboren und gemacht worden. Nun sollen wir uns auch die zweite Speiche in diesem Rad merken, die mit einer kleinen Spitze hinzeigt in das klare Angesicht Gottes. Die Art, wie die Speiche in diesem Gleichnis ausgeht aus dem göttlichen Auge, sollen wir uns in solcher Liebe zu Herzen nehmen, dass er der Gott ist, der alle Dinge sieht und dem nichts verborgen ist. Sein göttlicher Spiegel weiss und sieht alles. Darum sah er unser grosses Elend, das wir durch das Verzehren des Apfels hatten, und dass wir dadurch seiner göttlichen Herrlichkeit sollten beraubt werden. Da dachte er an Abraham und erprobte ihn, ob er gehorsam sei. Es zeigte sich, dass er den Herrn liebte und gemäss der Anordnung, die Gott ihm gab, bereitwillig seinen einzigen Sohn opfern wollte (Gen 22,2–16). Als Gott diesen Gehorsam sah und diesen im Rate der Dreifaltigkeit gegen den Ungehorsam Evas und Adams abwägte, da gewann die Barmherzigkeit die Oberhand, und es wurde erkannt, dass Gott seinen eingeborenen Sohn senden und dass dieser menschliches Fleisch annehmen sollte, damit er den Sündenfall wiedergutmache. So ist die zweite Person ausgegangen, das ist der Sohn Gottes, der mit Gott vereint ist in ewiger Wesenheit, ungeteilt, immer und ewig. Nun seht und betrachtet die dritte Speiche, die mit einer kleinen Spitze in den göttlichen Spiegel des klaren Angesichts Gottes hineingeht, in solcher Weise, als ob sie aus dem göttlichen Mund herauskommt! Zu verstehen ist dies: Er [Gott] ist der Brunnen, woraus alle Weisheit fliesst und demjenigen mitgeteilt wird, der ihrer aus echter Liebe begehrt. Das ist die süsse Einfliessung des Heiligen Geistes, wodurch es uns ermöglicht wird, seine reine Gottheit ewig anzuschauen. Es sind drei Personen, die von der einen Gottheit ausgegangen sind und mit ihrer grossen Kraft und Weite Himmel und Erde umfassen; sie sind einig in ewiger Macht, immer und ewig.
     
[Gebet an Maria]
Nun vernehmt etwas über den Heiligen Geist, wie er sich der allerreinsten Jungfrau liebevoll zuneigte, sie erfüllte, und wie sie durch den Heiligen Geist den Sohn Gottes empfing ohne jeglichen Schaden. Darum will ich sie bitten, dass sie mir armen Sünder die Gnade verleihe, damit ich sie lobe, die Grossmächtige, Schöne. So erinnere ich dich, du reines auserwähltes Gefäss, an die Worte, die du zu deiner lieben Base Elisabeth sagtest, als du über das Gebirge sie besuchen gingst (Lk 1,39); du sprachst zu ihr mit mehreren Worten, wie Gott die Armen sättigt, die eines guten Willens sind (Lk 1,53). Nun weisst du gar wohl, du schöne Jungfrau, dass ich arm, fremd und verwaist bin hier in dieser elenden Welt, in diesem grossen Jammertal, und ich weiss mich an nichts zu erfreuen als allein an deiner Güte und an deinem eingeborenen Sohn. O du schöne Rose von Jericho, öffne dich ganz für mich armen Sünder, damit ich dein grossmächtig hohes Lob mehren kann, und wenn ich auch voll bin von Sünden, so bist du voll der Gnaden und aller Barmherzigkeit. Ich will mich meiner Sünden schämen und mich aber deiner Güte erfreuen. Du schöner aufgehender Morgenstern, benetze mein Herz mit dem Tau deiner Gnaden, du süsse Mutter, verlasse mich nicht mit diesem Beistand. Auch wenn ich nach dieser Zeit verdammt werden sollte wegen meiner Sünden, wodurch ich den Zorn Gottes verdient hätte, so will ich mich doch der Stunden und Minuten erfreuen, in denen ich an dein Lob und deine Zuckersüssigkeit dachte. Darum öffne mein Herz und setze dahinein ein kleines Röslein aus deinem keuschen edlen Garten (vgl. Hld 4,12–15), der so schön verziert ist mit aller Freude und Wonne. Darum wirst du hochgepriesen, wovon das Buch des Lobgesanges spricht: Wer ist diese, die da aufgeht vor der Sonne mit aller Wonne, viel schöner als der Mond (Hld 6,10). Diesen grossen Ruhm hast du verdient durch die grosse Liebe, die du zu Gott hattest und durch das grosse Mitleid mit den Altvätern [Israeliten], die in Gefangenschaft sassen, heimatlos, ohne allen Trost, die grossen Hunger und Durst litten, bevor ihnen das lebendige Brot zuteil wurde, damit sie in ihrem bitteren Hunger und Durst gesättigt und mit unaussprechlicher Freude bekleidet wurden. Dies hat, Maria, dein reines Herz oft betrachtet, weswegen du die Prophezeiung des Jesaja [gemeint: Jes 7,14] sehr oft gelesen und jederzeit Gott gebeten hast, dass er dich zu einer Dienerin dieser Jungfrau mache, denn nach dieser Prophezeiung sollten alle Menschen erlöst werden. Diese herzliche Liebe hast du jederzeit betrachtet in deinem Gemüte.
      
[Die sechs Schlüssel, die Werke der Barmherzigkeit] [Maria als Vorbild]
Darum seien in dein Herz die sechs Schlüssel hinein gelegt, welche die sechs Tore aufschliessen, die ihrerseits die Himmel absperren. Wer diese Schlüssel nicht hat, der kann nicht hineingehen und die klare Gottheit nicht anschauen. Als nun die reine Jungfrau so in ihrem himmelspähenden Leben mit ihrem Geist in brennender Liebe zu Gott versunken war, da kam zu ihr der edle Erzengel Gabriel durch die verschlossene Türe, besuchte sie und gab ihr eine trostvolle Zusage. Er sprach: Du bist gegrüsst, voll der Gnaden, der Herr ist mit dir, du bist gesegnet über alle Frauen. O, wie wunderlich erschien ihr diese Botschaft, so dass sie deswegen ein grosses Erschrecken überkam. Der Engel aber sprach: Fürchte dich nicht! Du wirst empfangen und gebären, und was aus dir geboren wird, das ist heilig und ist wirklich der Sohn Gottes. Darum gib ihm den Namen «Jesus». Sie dachte in ihrem reinen Herzen: Wie soll dies geschehen, denn sie sprach: Ich erkenne doch keinen Mann. Der Engel sprach: Der Heilige Geist kommt von oben herab in dich hinein, die Kraft des Allerhöchsten wird dich überschatten. Siehe, deine Base Elisabeth hat noch in ihrem hohen Alter empfangen, und nun ist es schon der sechste Monat; denn bei Gott sind alle Dinge möglich. Sie [Maria] glaubte und sprach: Ich bin die Dienerin des Herrn, mir geschehe nach deinem Wort! Nach einigen weiteren nachdrücklichen Erklärungen wurde diese hohe Botschaft des Engels Gabriel abgeschlossen. (Lk 1) In dieser lobenswerten Botschaft sollen wir verstehen, wie und durch welche Liebe der Mensch den Heiligen Geist empfangen kann. Nur durch die grosse Liebe, die der Mensch zu Gott haben soll. Du weisst ja, wie die reine Jungfrau Maria mit all ihren Sinnen und von Grund ihres Herzens für und für wie ein Bach fliessenden Wassers ist, das nie rastet und ruht. Auf diese Weise hat sie sich in der Gottesliebe geübt und hat die Werke der Barmherzigkeit erfüllt, wie du es am Anfang [des zweiten Teils] über diese Liebe vernommen hast. Sie dachte an das grosse Siechtum der Erbsünde und an das grosse Elend der Altväter, an den grossen Hunger und Durst nach dem ewigen Licht, den sie litten. Sie dachte an die harte Gefangenschaft und wie sie keine Bedeckung für ihre Seele hatten vor dem grauenhaften Anblick der bösen Geister, wie sie begraben waren in der Hölle. Darum hatte die allerhöchste Jungfrau immer ein grosses Mitleiden, bis sie vom allmächtigen Gott diesen Trost empfing.
  
[1. Kranke besuchen]
  
Holzschnitt im Pilgertraktat um 1487
  
Nun will ich auf diese Speiche des löblichen Rades die Heimsuchung Mariens setzen: Wir sollen die Kranken mit grossem Fleiss aufsuchen und sie unterweisen, dass sie sich selber und alles, was sie haben, willig Gott dem Allmächtigen aufopfern: allen Reichtum dieser Welt, zeitliche Ehre, Sinnesfreuden und alles andere, was die Welt begehrt; all diese Dinge sollen sie ganz und gar aus Herz und Sinn schlagen, sie sollen vor allem um Vergebung ihrer Sünden bitten, weil wir die Zeit unseres Lebens in dieser Welt so töricht vertan haben, so dass er uns mit dem Schächer auferstehen lasse, der zuletzt doch noch das Himmelreich erwarb, dadurch, dass er erkannte, dass er zurecht diesen Tod erlitt. Zudem bekannte er auch, dass Jesus Christus völlig unschuldig diesen schmählichen Tod erleiden musste. Als er dies mit seinem Mund aussprach, da wies er seinen Gefährten zurecht, der den Herrn verspottete (Lk 23). So soll der Mensch daran denken, wie er selbst den Herrn verspottet und verachtet hat, weil er weder seine Liebe, noch seine Gebote, noch seine heilige Lehre je zu Herzen nahm, um sie zu lernen und zu halten. Darum tut diese Tröstung gar not. Doch wenn du diese Tröstung und Heimsuchung nicht ausübst, und der Kranke es versäumt, dass Gott ihn in sein Reich aufnehme, dann bist du schuldig an einem Mord und also ein «Menschenschlächter» angesichts der Barmherzigkeit Gottes. Darum merke dir die Worte, die Jesus Christus gesprochen hatte: Mit dem Mass, welches du ansetzest, wird dir gemessen (Mt 7,2)! Denke also daran, so dass du nicht über dich selbst diese Vergeltung herbeiführst, wonach du an deinem letzten Ende hilflos zurückbleiben musst! Willst du nun in das Reich Gottes hineingehen und begehrst seine klare Gottheit anzuschauen, hast aber diesen Schlüssel nicht, so kannst du die Pforten des Himmels nicht öffnen und die Gnade des Heiligen Geistes nicht empfangen.
  
[ 2. Fremde beherbergen – Jakobs-Pilger]
  
Holzschnitt im Pilgertraktat um 1487
  
Nun will ich dir ferner etwas von der zweiten Speiche sagen und von ihrer Bedeutung. Das ist diese Speiche, die beim klaren Angesicht Gottes gross und dann beim äussersten Ring klein ist. Dies ist so zu verstehen, dass der grossmächtige Gott der Himmel und der Erden in der Gestalt eines kleinen Kindleins aus der reinen Jungfrau Maria ohne jeglichen Makel geboren wurde in dieses elende Jammertal hinein und keine Herberge fand (Lk 2,7), nur einen offenen Viehstall, kein Bett, sondern nur eine Futterkrippe, ein Haus ohne Schutz vor der Kälte, nur den Atem vom Rind oder Öchslein und vom Esel, so wie geweissagt wurde: Der Ochs und der Esel haben die Krippe ihres Herrn erkannt (Jes 1,3). Aber der Mensch wollte die Ankunft seines Schöpfers nicht erkennen. Darum stelle ich mir die Frage, ob sich der Mensch dessen bewusst ist und je in ganzer, vollkommener Liebe an die Herabkunft unseres Herrn gedacht und sie ernst genommen hat. Jetzt besinne dich, ob du dem Fremden entgegengegangen bist und ihn unter dein Dach heimgeführt hast! Dann zweifle ich nicht daran, dass du dabei daran dachtest, wie Maria, die höchste Königin, die Fremde erfahren musste mit ihrem trauten Sohn, der aus grossen Ehren und Freuden, aus aller Herrlichkeit des Himmels, herabgestiegen ist und geringer wurde als ein Knecht (Phil 2). Ich wüsste keinen Knecht, der so willig wäre und für seinen eigenen Herrn sterben würde, zumal, da er keinen Lohn dafür empfangen würde, so wie auch Gott, dein Schöpfer, keinen Lohn von dir erhält, denn alles, was du hast und besitzest, ist sein Eigentum. Doch du vermehrst deinen Besitz und treibst Hoffart damit. Wenn du aber Mitleid hättest mit dem armen Fremden, würde dir dies ein demütiges Herz verschaffen. Darum merke dir, was im Buch der Schöpfung im 19. Kapitel (Gen 19) steht, wie der liebe Vater Loth unter dem Tor sass und sich erhob, als zwei Jünglinge in die Stadt hineingehen wollten; er ging ihnen entgegen und führte sie in sein Haus, wusch ihnen die Füsse und tischte ihnen das Brot auf. O, welch grosses Heil empfing er dadurch; er wurde aus der grossen Pein herausgeführt, welche auf die Stadt fiel. Denn diese wurde vernichtet mit Feuer und Schwefel. Vor diesem grossen Schrecken wurde Loth verschont und mit ihm seine beiden Töchter. O lieber Mensch, denke daran, auf dass der allmächtige Gott dir seinen Engel senden möge in deiner Todesstunde, wenn deine Seele scheiden muss von deinem Leib, damit die bösen Geister nicht deine Seele ergreifen und verderben in der ewigen Verfluchung, im Heulen und Zähneknirschen (Mt 8,12; 13,42)! Willst du nun hineingehen in das ewige Leben, so denke daran, dass du dann auch diesen Schlüssel hast, sonst kannst du die Himmelspforte nicht öffnen. O wie gar elend und verlassen würde deine Seele dann sein, denn du könntest nicht mehr zur Welt zurückkommen, um dir diesen Schlüssel und das Heil der Gnade zu erwerben.
  
[ 3. Hungrige und Durstige speisen – Jakobs-Pilger]
  
Holzschnitt im Pilgertraktat um 1487
  
Nun sei aufmerksam, ich will dir etwas sagen von der Speiche, die vom göttlichen Spiegel ausgeht, wonach Gott der Vater ausging als ein Schöpfer der Himmel und der Erden, so wie du vorhin vernommen hast! Denn aus ihm sind alle Dinge geschaffen, und ohne ihn ist nichts entstanden, darum heisst er demgemäss auch Vater der Geschöpfe. Nun, lieber Mensch, willst du einen väterlichen Erbteil empfangen in dem ewigen Leben, so musst du bedenken, dass du auch den dritten Schlüssel hast, sonst verirrst du dich beim Eingang! Wie willst du dies anders zuwege bringen als nur durch diese Liebe, dass du mit den Armen das Brot von deinem Besitz, den du von Gott erhalten hast, teilst. Denn so spricht der Herr im heiligen Evangelium, wie jener Knecht von seinem Herrn aufgefordert wurde, dass er ihm Rechenschaft gebe über seine Verwaltung. Da ging jener schnell hin und schrieb für seine Schuldner Nachlassungen; er verkleinerte ihre Schuldbeträge, so dass er, wenn er vom Amt der Verwaltung abgesetzt würde, bei ihnen Aufnahme finden könnte. Denn er konnte keine Arbeit tun, um sich selber zu helfen (Lk 16). Also, lieber Mensch, siehe zu und denke an diesen Knecht, wie er weise handelte! Darum mache rechtzeitig deine Abrechnung, bevor dich Gott abberuft aus dieser Welt! Denke immer daran, dass du den Armen eine Nachlassung gibst, damit du eine Ruhestätte findest im ewigen Leben! Denn du bist in Bezug auf die weltlichen Dinge nur ein Knecht oder eine Dienerin (Lev 25,23), du weisst nicht, wann der Herr kommt. Und deswegen suche nicht Wollust darin, dass du deinem Bauche dienst, wie du ihn füllen könnest mit der Fresslust! Sieh zu, dass dir nicht so widerfährt wie dem reichen Mann, der in der Hölle begraben wurde (Lk 16,19–31)! Darum tue deinem Leib etwas Abbruch, damit du umso besser die Hungrigen sättigen kannst! Denn dein himmlischer Vater hat in gleicher Weise alle Dinge, wodurch der Mensch Speise empfangen kann, den Armen und den Reichen zugedacht. Wie geschieht es aber, dass ein Mensch mehr besitzt als ein anderer? Es geschieht durch den Willen Gottes, damit wir umso grössere Liebe zueinander haben und noch mehr gewinnen sollen. Der Arme gewinnt eine Liebe zu dir, wenn er durch deine Hand getröstet wird, und er ist es dir schuldig, dass er für dich beten muss. Desgleichen sollst du Gott danken, der es so will, dass der Arme gerade durch deine Hand gespeist wird. Tust du dies aber nicht und lässt den Armen Not leiden, so bist du vor dem göttlichen Spiegel ein Dieb, und dein Auge ist ein Hohn, denn du versagst dem Armen das, was ihm zusteht, und dies widerrechtlich und gegen die Liebe zu Gott und zum Nächsten. So haben dann deine Kinder ihren Besitz widerrechtlich in ihrer Gewalt. Darum spricht der Herr: Entfernt euch von diesem Gut, denn euer Vater hat mein ihm anvertrautes Amt untreu verwaltet (vgl. Dtn 5,9; 28,15ff.). So geschieht es denn oft, dass die Kinder zu Bettlern werden, Almosen nehmen müssen und dabei die Hartherzigkeit erfahren, die ihr Vater gegenüber den Armen geübt hat. Hierzu merke dir folgende Geschichte, die im Buche der Könige aufgeschrieben wurde, wo eine Witwe zu Elischa rief (2 Kön 4): Siehe, dein Knecht, mein armer Mann, ist gestorben, der immer mit den Armen willig sein Brot teilte. Nun kamen aber die Gläubiger und wollten meine zwei Söhne [als Sklaven] wegnehmen. Der Prophet sprach: Was hast du in deinem Haus? Sie erwiderte: Nur ein klein wenig Öl, womit ich einmal gesalbt werden soll. Der Prophet entgegnete: Geh hin, entlehne Gefässe von deinen Nachbarn und versperre die Türen deines Hauses, dann giesse das Öl in die Gefässe, sie werden alle voll werden, damit bezahle dann deine Gläubiger! Von dem übrigen lebe dann, du und deine zwei Söhne! Siehe, lieber Mensch, wie Gott die verlassene Witwe beschützte und versorgte, mitsamt ihren zwei Söhnen! Er nahm ihnen die Gutsverwaltung nicht weg, er gab ihnen sogar noch hinzu wegen der wohltätigen Liebe ihres Vaters. Darum lasst uns an die Worte denken, die Christus Jesus, unser Herr, sprach: Wer dem Geringsten einen Trunk kalten Wassers gibt um meinetwillen, der verliert nicht seinen Lohn bei meinem himmlischen Vater (Mt 10,42; Mk 9,41). Deswegen, willst du hineingehen in das Reich Gottes, so denke daran, dass du dann diesen Schlüssel auch hast, sonst wirst du grossen Hunger und Durst leiden.
  
[ 4. Gefangene trösten]
  
Holzschnitt im Pilgertraktat um 1487
  
Nun hört und achtet auf den vierten Schlüssel, der zum Himmelreich gehört, wodurch die Pforten des ewigen Lebens aufgesperrt werden können! Diesen kannst du in folgender Weise finden. Jetzt sollst du aufmerksam die Speiche betrachten, die ebenfalls breit ist beim göttlichen Spiegel und zum äussern Kreis hin ganz klein wird. Dabei merke dir und versteh es so, dass du in einer kleinen vergänglichen Zeit eine solch grossmächtige Zeit verdienen kannst, die nie mehr ein Ende nimmt mit solch unaussprechlicher Freude und Wonne! Dies ist ihre Bedeutung und darauf setze ich die Gefangennahme und grosse Angst unseres lieben Herrn Jesus Christus, der so jämmerlich gefangen, gebunden, durch seinen eigenen Jünger verraten und so schmählich verkauft wurde für dreissig Pfennige. Nun, lieber Mensch, willst du wissen, ob dein Herz und deine Vernunft je Mitleid hatten mit Gott, deinem Herrn, so kannst du es jetzt erkennen. Wenn du von einem Menschen in Gefangenschaft hörst oder ihn siehst und mit ihm Erbarmen hast, so zweifle ich nicht daran, dass dich dazu zu einem grossen Teil die Gefangenschaft unseres lieben Herrn bewegt hat. Willst du im übrigen die Seligkeit verdienen, so besuche aufrichtig diese Armen in ihrem Gefängnis, wie sie auch immer genannt werden, Räuber oder andere Übeltäter, ob und auf welche Weise sie ihre Gefangenschaft auch immer verdient haben. Ob sie schuldig sind oder unschuldig, tröste die Gefangenen, auf dass sie nicht verzagen, und denke dabei, dass sie auf jeden Fall auch Menschen sind und Geschöpfe des allmächtigen Gottes! Darum verschmähe sie nicht, sondern hab Mitleid mit ihnen, auch wenn sie Übeltäter sind, sich an ihrem Nächsten vergessen und die Gebote des allmächtigen Gottes verletzt haben! O Mensch, ermahne sie, dass sie sich erkennen in ihrer Übeltat! Wenn du dies tust, dann kannst du versichert sein, dass dir dieser Schlüssel nicht versagt wird. Hierzu denke auch an die Worte, die der Herr zu Mose sprach, als das Volk Israel niedergedrückt war in grosser Angst vor den Ägyptern! Darum sprach er: Geh zum König Pharao und sprich mit ihm, damit er mein Volk ziehen lasse, um mir drei Tagereisen weit in der Wüste zu opfern. Und ich werde sein Herz verhärten und ihn schlagen mit meinen Wundern, damit sie erkennen, dass ich der Herr bin. Denn die Angst und das Klagen meines Volkes ist zu mir heraufgestiegen, ich werde sie mit meiner Kraft herausführen (Ex 3). Deshalb merke dir, dass dein Gott und Schöpfer die Gefangenen erhört und ihnen seine Barmherzigkeit erwiesen hat! Warum sollten also nicht auch wir Mitleid haben mit den Gefangenen und sie trösten? Denn Gott sah auch auf den lieben Josef, der unschuldig im Kerker lag wegen der Frau des Potifar (Gen 39). Gott gab ihm die Gnade, dass er dem König Pharao seinen Traum auslegen konnte. Danach wurde er in grosse Ehren erhoben und zum Prokurator über die königlichen Ländereien ernannt (Gen 41). Nun merke dir noch mehr das folgende Beispiel: Es geschah einst in Rom, dass ein armer Gefangener zur Hinrichtung geführt wurde. Als man diesen Menschen vorführte, da sah ihn eine andächtige geistliche Frau, die aber kein Mitleid mit ihm hatte. sondern in ihrem Herzen urteilte, dass ihm gar recht geschehe, anstatt dass sie sich seiner erbarmte, da er ja auch ein Mensch war. Doch das tat sie nicht. Sonst aber führte sie ein hartes, strenges Leben, so dass ihr ein Engel jeden Tag ein Brot brachte. Aber an diesem Tag, als sie derart hartherzig über den armen Gefangenen dachte, an diesem Tag brachte ihr der Engel kein Brot. Sie begann bitterlich zu weinen. Da erschien ihr der Engel und sprach zu ihr: Deswegen, weil du mit dem armen Gefangenen kein Mitleid hattest, wird auf dich ein ungewisser Tod fallen. Sobald der Engel von ihr schied, fiel ein Donnerschlag, und sie starb. Darum bedenke, wenn du auch fastest und betest oder sonst deinen Leib kasteist, so wie diese Klausnerin [Einsiedlerin], es hilft dir alles nichts! Denke also daran, dass du die Liebe zu den armen Gefangenen erfüllst, sonst wirst du diesen Schlüssel nicht haben! Dann wirst du auch nicht hineingehen in das ewige Leben, und wenn dann deine Seele ausserhalb der Himmelspforten steht, so wäre es gut, wenn sie nicht von den bösen Geistern gefangen würde, denn die Strassen sind gar unsicher, die zum Himmel führen.
  
[ 5. Nackte bekleiden]
  
Holzschnitt im Pilgertraktat um 1487
  
Nun vernimm aufmerksam etwas über die fünfte Speiche, die vom göttlichen Spiegel der ungeteilten Gottheit ausgeht, welche die zärtliche, schöne und makellose Menschheit unseres Herrn Jesus Christus bezeichnet, wo hinein er seine eigene Gottheit verflochten hat! Diese reine Menschheit hat er geopfert am Stamm des heiligen Kreuzes, nackt und bloss, mit ausgespannten Armen, mit durchlöcherten Händen und Füssen und mit verwundetem Herzen. Sein heiliges Haupt war durchfurcht von scharfen Dornen; er starb eines jämmerlichen Todes, allein deshalb, weil er eine so grosse herzliche Liebe zu uns hatte. O lieber Mensch, bedenke, wie du dieser grossen Liebe teilhaftig werden kannst, wodurch du den fünften Schlüssel empfängst, der zum ewigen Leben gehört, womit du die Pforten des Himmels aufsperren kannst! Diesen Schlüssel musst du verdienen in solcher Weise, dass du diese grosse Liebe erfüllst durch die Barmherzigkeit. Wenn du nun einen Armen siehst, der keine Bekleidung für seinen Leib hat, dann gib ihm das notdürftige Kleid. Tust du dies, so zweifle ich nicht daran, dass du dabei an die schmachvolle Entblössung Christi denkst, wie ich oben berichtet habe. Und wenn es auch möglich gewesen wäre, dann hättest du damit seinen zarten Leib bedeckt; da du aber dies nicht tun konntest, so tue es jetzt gegenüber deinem Nächsten. Doch leider bedeckst du Gott, deinen Herrn, mit bösen Worten und Werken. Wie schmählich schändest du ihn mit einem jämmerlichen Kleid, wenn du schimpfst und fluchst bei seinen heiligen Martern und allen seinen Wunden. Du ziehst ihm zwar nicht das Gewand weg, aber du reisst ihm die Wunden auf. Wie gar klein ist deine Liebe, die du zu Gott hast. Du trägst lieber dein Gewand zum Würfeln und zum Kartenspiel und lässt es so verlieren. Dabei gibst du auch noch deine Nahrung weg, die Gott dir gegeben hat, so dass du damit Gott, den Allmächtigen, schmähst, statt dass du sie mit den Armen teilst. Wehe denen, die bei dir sind bei solcher Luderei und so Anlass geben zu dieser grausamen Schändung! Kehr um, damit es dir nicht so ergeht wie dem König Balthasar, der die heiligen Gefässe nahm, die sein Vater Nebukadnezar in Jerusalem raubte! Dieser Balthasar verehrte damit seine Abgötter. Auf ähnliche Weise ist der Würfel und das Kartenspiel dein Abgott. Was geschah nun mit diesem Balthasar? Ihm erschien ein Schatten an der Wand in der Gestalt einer Hand, mit einer Schrift, die nach der Auslegung des Propheten Daniel lautete: Es ist gezählt, gewogen und gemessen. In derselben Nacht wurde er erschlagen (Dan 5). O Mensch, denke daran, die Nacht kommt, auf dass dich dann nicht ewige Finsternis ergreife und deine Seele getötet werde! Darum, wenn du eingehen willst ins ewige Leben, so sei fleissig, damit du den fünften Schlüssel auch habest. Würde deine Seele nackt vor der Himmelspforte stehen, dann wärest du nicht sicher vor den bösen Geistern und Feinden. Sie würden dir deine Hände und Füsse durchlöchern und dein Herz und deine Seite durch stechen. Darum tue wohl, so geschieht dir wohl! Spalte dein Gewand und gib es dem Armen [Martinslegende], du findest es wieder im ewigen Leben, da magst du dich dann ewig erfreuen!
  
[ 6. Tote begraben ]
  
Holzschnitt im Pilgertraktat um 1487
  
Nun höre und vernimm die sechste Bedeutung der Speichen des löblichen Rades, worauf ich nach der Unterweisung des lieben Bruder Klaus die Beziehung zum allerhochwürdigsten Sakrament setze, wo Gott und Mensch vereinigt sind, wahrhaftig mit Fleisch und Blut! So siehst du diese Speiche, beim göttlichen Angesicht breit und zum äussern Ring hin klein, auf diese Weise wird in einem kleinen Partikel die grossmächtige Gottheit eingeschlossen. Willst du nun diese himmlische Speise löblich empfangen, damit du in das ewige Leben hineingehen und dort im göttlichen Spiegel frohlocken kannst, so tut es dir not, dass du den sechsten Schlüssel auch habest, der das Himmelstor aufschliesst. So musst du also auch das sechste Werk der Barmherzigkeit vollbringen in dieser Zeit. Aber auf welche Weise? Einmal kommt für uns die Zeit, dass wir von dieser Welt Abschied nehmen müssen, um dann die «ewige Speise» zu erhalten. Hat nun ein Mensch das löbliche Sakrament empfangen und stirbt, dann bist du es ihm schuldig, dass du ihn ehrwürdig begräbst. Hast du im übrigen deinen Gott und Herrn lieb, so bist du aus aufrichtiger Liebe dazu verpflichtet, denn die Vernunft lehrt dich dies, dass du den Körper ehrwürdig begraben sollst, in welchen das Himmelsbrot gelegt wurde. Es ist nur gebührlich, dass dem Haus der Friede gegeben wird, wo der König der Himmel und der Erde gewohnt hat. Willst du also diese Seligkeit auch empfangen an deinem letzten Ende, auf dass dein Leib, ein Haus des Herrn, hinfort gesegnet und befriedet sei, so begrabe die Toten. Hierzu hast du eine Unterweisung im Buche Tobit, der mit Trauerschmerzen einen Leichnam begrub und dabei das morgendliche Mahl verliess! Als er später ruhig dalag und schlief; da warfen Schwalben ihren Kot in seine Augen, so dass er erblindete. Da schickte Gott seinen Engel, damit er das Augenlicht wiedererlange und damit geoffenbart werde die Belohnung von Gott, dem Allmächtigen. Derart sprach der Engel Rafael, nachdem er den Sohn Tobits führte und ihm die schöne Sara gab; ihretwegen wurden sieben von den bösen Geistern erwürgt, die sich an ihrer Schönheit vergassen und sie fleischlich begehrten (Tob 3,8). Diese Sara wurde mit dem jungen Tobias vermählt, denn Gott gedachte der guten Werke, die sein Vater tat, er beschützte ihn und gab ihm grossen Reichtum (Tob 9). Und jener wurde von seiner Erblindung geheilt, er erhielt das Augenlicht zurück (Tob 11). Der Vater sprach zum Sohn: Mein Sohn, was soll diesem Mann zuteil werden, der dich gesund hin- und zurückführte, der dir soviel Gutes getan und mir meine Augen erleuchtet hat, welches soll sein Lohn sein? Er antwortete dem Vater und sprach: Ich will ihm die Hälfte von all dem geben, was ich mitgebracht habe. Sie riefen ihn herbei, denn sie dachten ja, er sei ein Mensch, und sprachen zum Engel: Mein Bruder, welches soll dein Lohn sein für die Mühe und Güte, die du an mir und an meinem Vater übtest? Wenn es dir genügt, so nimm gleich die Hälfte von allem, was ich mitbrachte. Der Engel aber sprach: Es geziemt sich nicht immer, dass die Wunder Gottes verkündet werden sollen, doch [jetzt] sollen sie feierlich dem Menschen offenbart werden. Deswegen, weil du Almosen gabst und die Toten begrubst, geziemte es sich, dass du erprobt wurdest. Ich bin der Engel Rafael, einer von den Sieben, die vor dem Herrn stehen und ihm die guten Werke der Menschen darbringen. Deshalb wurde ich gesandt vom Herrn, damit du dein Augenlicht wiedererlangst und die Tochter der Raguel erlöst werde, Sara, die Jungfrau, damit sie mit deinem Sohn vermählt werde. Deswegen habe ich ihn hin- und zurückgeführt, und obwohl ich auch als Mensch erscheine, wenn ich natürliche Speise zu mir nehme, so ist doch die eigentliche Speise, die ich empfange, unsichtbar (Tob 12). Ungefähr mit diesen Worten gab er ihnen den Segen und entschwand. Wenn wir nun hineingehen wollen in das Reich Gottes, so ist es notwendig, dass wir diese Werke der Liebe und des Mitleidens an dem Toten tun, und ihm das Almosen der Mildtätigkeit mit unsern Händen darreichen, so dass dieses Almosen durch die sieben Engel dem Herrn dargebracht werde. Wenn dann die Zeit kommt, und sie kommt ja gar schnell, unsicher und besorgniserregend, so tut dies not, dass die sieben Engel von Gott, dem Herrn, zu dir gesandt werden und dir die sechs Schlüssel bringen, dir vorausgehen und dich einen sicheren Weg führen unter der Kraft des heiligen Kreuzes, so dass du fröhlich hineingehen kannst in die ewige Freude. Diese erwerbe uns die Königin Maria, die da heisst: Mutter der Barmherzigkeit. Amen. Gedruckt zu Augsburg von Peter Berger.

Schlüssel und Engel  
Die Seele, welche alle sechs Schlüssel der Werke der Barmherzigkeit und das Kreuz des Glaubens hat, wird beim Sterben von Engeln im Himmel empfangen. Wie lässt sich die Seele überhaupt bildlich darstellen? Leibhaftig, in der Gestalt eines unschuldigen, unverdorbenen Kindes. Ein «Kind» werden – ohne Hilfe Gottes, ohne Glauben, ohne barmherzige Liebe kann es der Mensch nicht schaffen, kann die Geburt nicht gelingen. «Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr …» (Mt 19,24). Übrigens wurde in früheren Zeiten, im Osten und im Westen, auch die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel so dargestellt: Maria, beziehungsweise ihre äussere Leibeshülle, liegt tot auf einem Bett, die Seele aber wird mit dem Leib eines Kindes im Himmel von Christus empfangen. «Lasset die Kinder zu mir kommen …» (Mk 10.14).
oben: Augsburger Ausgabe um 1488,
unten: Nürnberger Ausgabe 1488
   
  
  
Schlüssel und Engel  
  
  
Die Holzschnitte der Nürnberger Ausgabe 1488 sind identisch mit denen der Ausgabe im folgenden Jahr (siehe bei folgendem Link).
  
 Nürnberger-Ausgabe von
       Peter Wagner, um 1489
       (Bayerische Staatsbibliothek)


 

    
  
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